Was haben Saugroboter, Smartwatches und WLAN-Drucker gemeinsam?

Ich verrate es dir:

  • Um diese Geräte nutzen zu können, brauchst du eine App.
  • Und fast jede App basiert inzwischen auf einer Cloud-Lösung.
  • Und um diese Cloud nutzen zu können, musst du bei der jeweiligen Firma ein Konto anlegen.
  • Und bei einigen Herstellern wird sogar ein Abo-Modell benötigt.
  • Und über den Datenschutz möchte ich an dieser Stelle gar nicht reden. Das wäre ein Fass ohne Boden.

Ganz schön viele „Unds“, oder?

Fakt ist: Ohne Konto, App und Cloud wirst du keines dieser Geräte wirklich richtig nutzen können.

Was versprechen uns die Unternehmen nicht alles:

  • „Alle Erinnerungen sicher an einem Ort – mit unserer Cloud hast du jederzeit und überall Zugriff auf deine Fotos, Videos und Dateien.“
  • „Nie wieder Datenchaos – unsere Cloud bringt Struktur in dein digitales Leben.“
  • „Deine Gesundheit immer im Blick – smarter, fitter, vernetzter mit unserer Smartwatch – überall.“
  • „Sauberes Zuhause auf Knopfdruck – lass unseren Saugroboter die Arbeit für dich erledigen – mit GPS-Steuerung.“

Und viele weitere leere Marketing-Worthülsen, die sich alle ganz toll anhören.

Alles Cloud, alles gut?

Ein Szenario:

Du hast ein Produkt gekauft oder ein Abo abgeschlossen.

Du hast alles bezahlt.

Du hast ein Konto angelegt

Du hast die App erfolgreich eingerichtet.

Du kannst alles benutzen und bist glücklich.

Also alles gut, oder?

Nicht ganz. Der Spaß hat nämlich einen Haken.

Es ist nämlich so: Solange alles läuft, ist die Welt in Ordnung.

Aber was passiert, wenn das Unternehmen pleitegeht und die Server abgeschaltet werden?

Oder wenn eine Übernahme durch ein anderes Unternehmen bevorsteht und die Produktlinie nicht weitergeführt werden soll?

Bei einem insolventen niederländischen Fahrradhersteller konnten die Räder nicht mehr genutzt werden, da sie eine Handy-App zum Entsperren benötigten – ähnlich wie bei den E-Rollern, die man momentan überall sieht.

Wenn du Glück hast, springt ein Drittanbieter ein. Das funktioniert aber in der Regel mehr schlecht als recht. Und dann will dieser verständlicherweise Geld dafür.

Oder stell dir vor, dass deine ganzen Playlists bei deinem Musik- und Video-Streaming-Dienst auf einmal weg sind und du auf die Inhalte nicht mehr zugreifen kannst.

Du hast all die Zeit brav deine Abogebühr bezahlt, und plötzlich hat der Dienst keine Lizenz mehr für den Vertrieb deiner Lieblingsvideos und -songs.

Das kann dir bei Inhalten, die du dir in physischer Form (CD, DVD oder Blu-ray) gekauft hast, nicht passieren. Oder bei Inhalten, die du auf einer eigenen Festplatte gespeichert hast.

Klar, da kann auch immer mal etwas kaputt oder verloren gehen… aber meist nicht in dem Umfang – und wenn du vernünftige Datensicherungen machst, erst recht nicht.

Ohne Internetverbindung kein Kaffee

Ein Beispiel aus meinem Alltag:

Es gibt Kaffeemaschinen, die ohne Internetverbindung nicht funktionieren.

Ich stehe um 9:00 Uhr morgens an einer Kaffeemaschine – also mitten in der Nacht!

Ich möchte mir einen Latte Macchiato ziehen. Wasser, Espressobohnen, Milch – alles ist da; ich habe es persönlich überprüft. Also alles, was die Maschine an Rohstoffen braucht, um einen Latte Macchiato herzustellen, ist vorhanden.

Aber aufgrund einer fehlenden Internetverbindung bekomme ich den Latte Macchiato nicht.

Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.

Und versteht mich nicht falsch: Natürlich ist das ein Luxusproblem.

Aber: Was hat denn ein Latte Macchiato (also ein Espresso mit viel Milch) mit einer Internetverbindung zu tun?

Ich verstehe durchaus, was die Unternehmen damit bezwecken wollen. Zusatz- und Austauschprodukte sollen nach einer gewissen Nutzungsdauer vermarktet werden – auch wenn alles noch einwandfrei funktioniert und ein Austausch eventuell gar nicht notwendig wäre. Und ohne Internetverbindung könnten die Unternehmen die von ihnen vorgegebenen Grenzen natürlich nicht überprüfen. Ergo bekomme ich keinen Kaffee. GRRRRRRRR… Glaub mir, das ist ein nicht wünschenswerter Zustand.

Ist das wirklich das, was wir uns für die Zukunft vorstellen?

Deshalb möchte ich noch einmal besonders darauf hinweisen:

Alle Produkte, die an einer Cloud
hängen, gehören dir nicht!

Zumindest nicht ganz – du hast lediglich die „Nutzungserlaubnis“, wie ich es einmal böse formuliere.

Wenn Produkte stark von Apps und Cloud-Diensten abhängig sind und diese eingestellt werden, kannst du sie oft nicht mehr benutzen, auch wenn sie sich in einem noch so tadellosen Zustand befinden. Mit der ach so gepriesenen Nachhaltigkeit hat das freilich alles nichts mehr zu tun.

Unternehmen nutzen solche Systeme, um Kunden an ihre Produkte zu binden. Austauschprodukte und Dienstleistungen sollen nach einer gewissen Nutzungsdauer verkauft werden – auch wenn alles noch einwandfrei funktioniert und ein Austausch gar nicht notwendig ist. Es geht nur ums Geldverdienen, unabhängig davon, ob ein Austausch notwendig ist oder nicht.

Cloud-Anbindungen dienen grundsätzlich mehr den wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen als dir, dem Endkunden. Denn deine Daten sind das neue Gold für die Unternehmen.

Ergo bezahlst du sogar zweimal: einmal mit Geld und einmal mit deinen Daten.

Und wenn es schlecht läuft, sogar ein drittes Mal, wenn du dir ein neues Produkt kaufen musst.

Die stille Abhängigkeit unserer Geräte

Erst einmal vorweg: Auch ich habe Saugroboter, Handy, Smartwatch und Co. im Einsatz. Ich liebe das Streamen von Musik und Videos. Aber ich möchte einfach ein Bewusstsein dafür schaffen, in welche Abhängigkeit wir uns manchmal begeben und wie viel Kontrolle wir dadurch verlieren. Denn das übersehen wir im Alltag ganz gerne – schließlich ist das ja alles so schön einfach und bequem.

Solange du dir dessen bewusst bist und dich auch bewusst dafür entscheidest, ist das alles total in Ordnung.

Mich nervt es nur, wenn die einfachsten Geräte nicht ohne Konto und Cloud funktionieren.

Ein digitales Konto für einen Staubsauger? Ernsthaft?

Denn im Grunde sind diese Geräte genau das:

  • ein selbstfahrender Staubsauger
  • eine aufgemotzte Uhr
  • ein gepimptes Telefon
  • eine getunte Kaffeemaschine
  • und ein einfacher Drucker (bei dem ich mich immer noch frage, warum die Datenströme von dem, was ich drucke, über das Internet via die Cloud eines Herstellers laufen müssen.)

Die unfreiwillige, freiwillige Abhängigkeit

Also: Überleg dir immer, bevor du etwas kaufst, ob du diese Abhängigkeit wirklich möchtest.

Wähle eventuell doch einmal ein Gerät, das auf diesen ganzen Kram verzichtet – das ist bei moderner Technik nicht immer einfach. Alternativen sind rar, ich weiß.

Aber manchmal ist weniger doch einfach mehr.

In diesem Sinne:

Munter bleiben
Dein Ostfriesenkind

PS:

Bei meinem WLAN-Drucker habe ich Konsequenzen gezogen und verwende ihn nicht mehr. Das ging mir dann doch zu weit. Niemanden geht es etwas an, welche Dokumente ich ausdrucke.

PPS:

Noch einmal, weil es mich wirklich aufregt:

Ein digitales Konto für einen Staubsauger?

Und kein Kaffee ohne Internetverbindung!

ERNSTHAFT?